Veröffentlicht am April 18, 2024

Entgegen der Annahme, dass geprüfte Gesundheits-Apps die Norm sind, ist die Mehrheit medizinisch unzureichend validiert und birgt Datenschutzrisiken.

  • Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) durchlaufen ein strenges Prüfverfahren durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
  • Die Kosten für diese „Apps auf Rezept“ werden von den gesetzlichen Krankenkassen zu 100 % übernommen.

Empfehlung: Vertrauen Sie nicht blind Werbeversprechen, sondern nutzen Sie das offizielle DiGA-Verzeichnis und prüfen Sie Impressum sowie Datenschutzerklärung, um Ihre Daten-Souveränität zu wahren.

Das Smartphone als persönlicher Gesundheitscoach – eine verlockende Vorstellung. Unzählige Apps versprechen, uns dabei zu helfen, fitter zu werden, chronische Krankheiten zu managen oder einfach bewusster zu leben. Der Markt für eHealth-Lösungen wächst rasant und bietet scheinbar für jedes Bedürfnis das passende digitale Werkzeug. Doch dieser unregulierte Wildwuchs hat eine erhebliche Kehrseite: Wie können Sie sicher sein, dass eine App nicht nur wirksam, sondern auch sicher ist? Vor allem in Deutschland, wo der Schutz persönlicher Gesundheitsdaten einen besonders hohen Stellenwert genießt.

Viele verlassen sich auf App-Store-Bewertungen oder wohlklingende Werbeversprechen. Man sucht nach Begriffen wie „medizinisch geprüft“ oder „von Ärzten empfohlen“, doch diese sind oft nicht mehr als leere Marketinghülsen. Was, wenn der Schlüssel zur sicheren Nutzung von eHealth nicht darin liegt, blind zu vertrauen, sondern darin, ein mündiger digitaler Patient zu werden? Wenn die eigentliche Kompetenz darin besteht, die Spreu vom Weizen zu trennen und die regulatorischen Hürden, die zum Schutz der Patienten errichtet wurden, zu verstehen und für sich zu nutzen?

Dieser Leitfaden verfolgt genau diesen Ansatz. Statt oberflächlicher Tipps tauchen wir tief in die Kriterien ein, die eine sichere und wirksame Gesundheits-App ausmachen. Wir erklären die entscheidenden Unterschiede zwischen frei verfügbaren Lifestyle-Apps und den streng geprüften Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) auf Rezept. Sie lernen, wie Sie Datenschutzfallen erkennen und Ihre Daten-Souveränität wahren. Ziel ist es, Ihnen das Rüstzeug an die Hand zu geben, um eHealth-Lösungen selbstbewusst, sicher und zum echten Vorteil für Ihre Gesundheitsvorsorge einzusetzen.

In den folgenden Abschnitten finden Sie eine klare Struktur, die Sie Schritt für Schritt durch die wichtigsten Aspekte der sicheren eHealth-Nutzung führt. Der Leitfaden bietet Ihnen praktische Hilfestellungen und fundiertes Wissen, um informierte Entscheidungen für Ihre Gesundheit zu treffen.

Warum 70% der Gesundheits-Apps medizinisch nicht validiert sind?

Der digitale Gesundheitsmarkt gleicht einem riesigen, unregulierten Marktplatz. Tausende Apps buhlen um die Aufmerksamkeit der Nutzer, doch nur ein Bruchteil davon hält, was er verspricht. Der Hauptgrund für diesen Missstand liegt in der fehlenden Notwendigkeit einer strengen medizinischen Prüfung für die meisten im App-Store verfügbaren Anwendungen. Viele fallen in die Kategorie „Lifestyle“ oder „Wellness“ und umgehen so die strengen regulatorischen Hürden, die für Medizinprodukte gelten. Sie dürfen zwar keine Heilversprechen machen, bewegen sich aber oft in einer rechtlichen Grauzone.

Die entscheidende Unterscheidung in Deutschland ist die zwischen einer allgemeinen Gesundheits-App und einer Digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA). Eine DiGA ist ein zertifiziertes Medizinprodukt, das einen strengen Validierungsprozess beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchlaufen muss. Hier wird nicht nur die technische Sicherheit und der Datenschutz geprüft, sondern vor allem die Evidenzbasierung – also der wissenschaftliche Nachweis eines positiven Versorgungseffekts. Dieser Prozess ist aufwendig und kostspielig, weshalb viele Entwickler ihn scheuen.

Strenger Validierungsprozess für Gesundheits-Apps in Deutschland

Die Zahlen bestätigen dieses Bild eindrücklich. Selbst bei den Apps, die den anspruchsvollen Weg zur DiGA-Zulassung anstreben, ist der medizinische Nutzen nicht immer von Beginn an klar belegt. So zeigen laut aktuellem GKV-Bericht 82% der Apps bei der vorläufigen Aufnahme ins Verzeichnis noch keinen finalen Nutzennachweis. Dies verdeutlicht, wie hoch die Messlatte für einen echten medizinischen Mehrwert liegt und warum die überwältigende Mehrheit der frei verfügbaren Apps diese niemals erreicht. Für Nutzer bedeutet dies: Ohne offizielle Zertifizierung ist die Wirksamkeit einer App bestenfalls fraglich.

Letztlich ist die fehlende Validierung ein Geschäftsmodell: Es ist einfacher und profitabler, eine App mit vagen Versprechen schnell auf den Markt zu bringen, als den langen und anspruchsvollen Weg der wissenschaftlichen Evidenz und regulatorischen Zulassung zu gehen. Der mündige Patient muss sich dieser Realität bewusst sein.

Wie Sie in 4 Schritten seriöse von unseriösen eHealth-Apps unterscheiden?

Angesichts des unübersichtlichen Marktes benötigen Sie eine klare Strategie, um vertrauenswürdige von riskanten Gesundheits-Apps zu trennen. Es geht darum, Ihre passive Sorge in eine aktive Prüfung umzuwandeln. Anstatt sich auf vage Versprechen zu verlassen, können Sie konkrete Merkmale überprüfen, die Aufschluss über die Seriosität eines Anbieters geben. Die folgenden Schritte bieten Ihnen ein systematisches Vorgehen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen und Ihre Daten-Souveränität zu wahren.

Diese Prüfung lässt sich auch ohne tiefes technisches Wissen durchführen. Entscheidend sind die Transparenz des Anbieters und die Einhaltung deutscher sowie europäischer Standards. Eine seriöse App hat nichts zu verbergen und stellt alle relevanten Informationen leicht zugänglich zur Verfügung. Misstrauen ist immer dann geboten, wenn grundlegende Angaben wie ein Impressum oder eine klare Datenschutzerklärung fehlen.

Die folgende Checkliste fasst die wichtigsten Prüfpunkte zusammen, die Sie vor der Installation und Nutzung einer Gesundheits-App durchgehen sollten. Sie dient als Ihr persönliches Werkzeug zur Risikobewertung.

Ihr Plan zur Überprüfung von eHealth-Apps in Deutschland

  1. Offizielles DiGA-Verzeichnis prüfen: Besuchen Sie als ersten und wichtigsten Schritt die Webseite diga.bfarm.de. Ist die App dort gelistet, hat sie das strengste deutsche Prüfverfahren für Sicherheit, Datenschutz und medizinischen Nutzen bestanden.
  2. Impressum und Datenschutz kontrollieren: Suchen Sie nach einem vollständigen Impressum mit Sitz in der EU (idealerweise Deutschland) und einer klaren, verständlichen Datenschutzerklärung, die der DSGVO entspricht. Fehlen diese Angaben, ist das ein klares Warnsignal.
  3. Nach Prüfsiegeln und Zertifikaten suchen: Achten Sie auf die obligatorische CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte. Zusätzliche deutsche Prüfsiegel von vertrauenswürdigen Organisationen können ein weiteres Indiz für Qualität sein, ersetzen aber nicht die BfArM-Prüfung.
  4. App-Berechtigungen hinterfragen: Überprüfen Sie nach der Installation in Ihren Smartphone-Einstellungen, auf welche Daten die App zugreifen möchte. Benötigt eine Migräne-App wirklich Zugriff auf Ihre Kontakte oder Ihren Standort? Erteilen Sie nur die für die Funktion absolut notwendigen Berechtigungen.

Zusätzlich zu dieser Checkliste kann ein vergleichender Blick auf die Kernmerkmale unseriöser und seriöser Apps helfen, schnell eine Einschätzung zu gewinnen.

Die Techniker Krankenkasse bietet eine nützliche Gegenüberstellung, die die entscheidenden Unterschiede auf den Punkt bringt. Diese Übersicht macht deutlich, worauf Sie achten müssen, um nicht in die Falle von versteckten Kosten oder vagen Versprechungen zu tappen, wie eine aktuelle Analyse digitaler Gesundheitsangebote zeigt.

Vergleich: Seriöse vs. unseriöse Gesundheits-Apps
Kriterium Seriöse Apps Unseriöse Apps
Zertifizierung CE-Kennzeichnung, BfArM-gelistet Keine oder fragwürdige Zertifikate
Datenschutz DSGVO-konform, Server in EU Unklare Datenschutzerklärung
Kosten Transparent, oft Kassenerstattung Versteckte Kosten, In-App-Käufe
Medizinischer Nutzen Nachgewiesen durch Studien Vage Versprechen ohne Belege

Indem Sie diese Punkte konsequent anwenden, minimieren Sie nicht nur Risiken, sondern fördern auch aktiv einen Markt, in dem Qualität und Patientensicherheit im Vordergrund stehen.

Kostenlose Gesundheits-App oder DiGA auf Rezept: Was ist wirklich besser?

Die Frage nach den Kosten ist oft ein entscheidender Faktor bei der Wahl einer Gesundheits-App. Auf den ersten Blick wirken kostenlose Apps verlockend, während für DiGA auf Rezept zunächst eine ärztliche Verordnung notwendig scheint. Doch dieser Vergleich greift zu kurz. Das Sprichwort „Wenn du nicht für das Produkt bezahlst, bist du das Produkt“ hat im Gesundheitsbereich eine besondere Brisanz. Bei vielen kostenlosen Apps bezahlen Sie indirekt – mit Ihren hochsensiblen Gesundheitsdaten, die für Werbezwecke oder andere kommerzielle Interessen genutzt werden können.

Eine DiGA auf Rezept hingegen folgt einem vollkommen anderen Modell. Dank des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) sind die Kosten für eine verschriebene DiGA für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland vollständig abgedeckt. Nach der Verordnung durch einen Arzt oder Psychotherapeuten und der Einreichung bei der Krankenkasse wird ein Freischaltcode generiert. Die 100%ige Kostenübernahme ist bei allen gesetzlichen Krankenkassen garantiert. Sie zahlen also nichts, erhalten aber ein Produkt, dessen Sicherheit, Datenschutz und medizinischer Nutzen staatlich geprüft wurden.

Dieser Aspekt der Vertrauenswürdigkeit ist der entscheidende Vorteil. Während bei einer kostenlosen App der Entwickler Ihnen gegenüber keine Rechenschaft schuldig ist, unterliegt eine DiGA der strengen Aufsicht des BfArM. Dies schafft ein grundlegend anderes Vertrauensverhältnis, wie Experten betonen. Die Verantwortung liegt nicht mehr allein beim Nutzer, sondern wird durch eine offizielle Instanz abgesichert. Das Informationsportal HealthOn fasst diesen zentralen Punkt prägnant zusammen:

Fazit: Einer App auf Rezept können Anwender vertrauen. Für die Überprüfung der Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit und die Einhaltung von Verbraucher- und Datenschutz ist die Aufsichtsbehörde BfArM verantwortlich.

– HealthOn DiGA-Aufklärung, HealthOn Informationsportal

Der Weg zur App auf Rezept ist dabei klar geregelt. Ein behandelnder Arzt, Zahnarzt oder Psychotherapeut kann Ihnen eine Verordnung (Muster 16) ausstellen. Damit wird die DiGA zu einem festen Bestandteil Ihres Therapieplans – nicht nur ein nettes Extra, sondern ein anerkanntes medizinisches Hilfsmittel. Die Entscheidung für eine DiGA ist somit eine Entscheidung für geprüfte Qualität und maximale Sicherheit, finanziert durch das solidarische Gesundheitssystem.

Am Ende ist die Wahl klar: Eine kostenlose App mag kurzfristig attraktiv sein, doch nur eine DiGA auf Rezept bietet die Gewissheit, ein sicheres, wirksames und datenschutzkonformes Medizinprodukt zu nutzen, ohne versteckte Kosten oder den Ausverkauf der eigenen Daten.

Die 5 Datenschutz-Fallen bei Gesundheits-Apps, die Ihre Daten gefährden

Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten Informationen, die es über eine Person gibt. Sie verraten Details über Lebensstil, Krankheiten und psychische Verfassung. Gerade deshalb ist der Schutz dieser Daten, wie ihn die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Deutschland und Europa vorschreibt, von höchster Bedeutung. Viele unseriöse Gesundheits-Apps umgehen diese Schutzmechanismen jedoch gezielt oder unbewusst und stellen so eine erhebliche Gefahr für Ihre Privatsphäre dar. Als mündiger Nutzer müssen Sie diese Fallen kennen, um sie zu vermeiden.

Die erste und häufigste Falle ist eine unklare oder fehlende Datenschutzerklärung. Wenn ein Anbieter nicht transparent darlegt, welche Daten er sammelt, wofür er sie verwendet und wo er sie speichert (Stichwort: Serverstandort in der EU), ist dies ein Alarmsignal. Eng damit verbunden ist die Falle der übermäßigen Berechtigungen. Eine App, die mehr Daten anfordert, als für ihre Funktion nötig sind, hat wahrscheinlich kommerzielle Nebeninteressen. Die dritte Gefahr ist die unzureichende Verschlüsselung. Werden Ihre Daten unverschlüsselt oder nur schwach verschlüsselt übertragen und gespeichert, sind sie ein leichtes Ziel für Hackerangriffe.

Visualisierung von Datenschutz-Risiken bei Gesundheits-Apps

Eine weitere, subtilere Falle ist die Weitergabe von Daten an Dritte. Oftmals versteckt sich in den AGB die Klausel, dass „anonymisierte“ oder „aggregierte“ Daten zu Forschungs- oder Marketingzwecken an Partnerunternehmen weitergegeben werden dürfen. Das Problem: Eine Deanonymisierung ist technisch oft möglich. Die fünfte und letzte große Falle sind Tracker und Werbemodule von Drittanbietern wie Google oder Facebook, die im Code der App versteckt sind. Sie sammeln Nutzerdaten für personalisierte Werbung und verletzen damit direkt den Zweck einer vertraulichen Gesundheitsanwendung.

Glücklicherweise bieten DiGA hier einen entscheidenden Schutzwall. Die Prüfung durch das BfArM stellt sicher, dass strenge Datenschutzanforderungen, inklusive Zweckbindung, Datenminimierung und Speicherung innerhalb der EU, eingehalten werden. Bei freien Apps hingegen liegt die Verantwortung zur Prüfung dieser Risiken allein bei Ihnen.

Indem Sie auf transparente Anbieter setzen und im Zweifelsfall eine App nicht nutzen, schützen Sie nicht nur Ihre eigene Privatsphäre, sondern senden auch ein wichtiges Signal an den Markt: Gesundheitsdaten sind keine Ware.

Wann sollten Sie eHealth-Tools nutzen und wann den Arzt aufsuchen?

Digitale Gesundheitsanwendungen sind kein Ersatz für ärztliche Expertise, sondern eine wertvolle Ergänzung. Die entscheidende Frage für einen sicheren und effektiven Einsatz lautet daher: In welcher Situation ist ein eHealth-Tool das richtige Mittel und wann ist der Gang in die Arztpraxis unerlässlich? Eine falsche Einschätzung kann im besten Fall wirkungslos, im schlimmsten Fall gesundheitsschädlich sein. Es gilt, die Grenzen der digitalen Helfer zu kennen und zu respektieren.

Grundsätzlich eignen sich eHealth-Tools hervorragend zur Unterstützung und Begleitung von Therapien. Eine DiGA kann beispielsweise dabei helfen, Medikamente regelmäßig einzunehmen, Übungen korrekt durchzuführen oder den Verlauf von Symptomen wie Blutdruck oder Schmerzlevel zu dokumentieren. Diese Daten liefern dem behandelnden Arzt eine wertvolle Grundlage für das nächste Gespräch. Auch im Bereich der Prävention sind Apps für Fitness-Tracking, Ernährungsberatung oder Achtsamkeitsübungen sinnvoll, um einen gesunden Lebensstil zu fördern. Hier agieren sie als Motivator und Informationsquelle im Alltag.

Die Grenze ist jedoch klar überschritten, wenn es um die Diagnose von Krankheiten oder die Behandlung akuter Beschwerden geht. Symptom-Checker-Apps können eine erste Orientierung geben, dürfen aber niemals eine ärztliche Diagnose ersetzen. Bei plötzlichen, starken oder unklaren Symptomen (z.B. Brustschmerzen, Atemnot, hohes Fieber) ist der sofortige Arztbesuch oder der Notruf die einzig richtige Entscheidung. Digitale Tools sind hierfür ungeeignet und potenziell gefährlich. Auch bei der Therapie chronischer Erkrankungen sind regelmäßige ärztliche Kontrollen trotz digitaler Begleitung unverzichtbar.

Die Stiftung Gesundheitswissen hat eine hilfreiche Übersicht erstellt, die als Entscheidungshilfe dienen kann. Sie zeigt klar auf, für welche Szenarien digitale Tools geeignet sind und wann der persönliche Kontakt zum Arzt Priorität hat.

Diese Entscheidungshilfe für E-Health-Anwendungen verdeutlicht die komplementäre Rolle digitaler Werkzeuge im Gesundheitssystem.

eHealth vs. Arztbesuch: Entscheidungshilfe
Situation eHealth-Tool geeignet Arztbesuch notwendig
Therapiebegleitung ✓ Medikamenten-Erinnerung, Verlaufsdokumentation Bei Nebenwirkungen oder Verschlechterung
Prävention ✓ Fitness-Tracking, Ernährungsberatung Vor Beginn bei Vorerkrankungen
Akute Beschwerden ✗ Nicht geeignet ✓ Sofort bei ernsten Symptomen
Chronische Erkrankungen ✓ Als Ergänzung zur ärztlichen Behandlung ✓ Regelmäßige Kontrollen erforderlich

Ein mündiger Patient versteht eHealth-Tools als das, was sie sind: leistungsstarke Assistenten im Dienste der Gesundheit, gesteuert und überwacht durch die unverzichtbare menschliche und fachliche Kompetenz eines Arztes oder Therapeuten.

IGeL-Vorsorge oder Kassenleistung: Wann lohnt sich Selbstzahlung wirklich?

Die Diskussion um die Finanzierung von Gesundheitsleistungen ist in Deutschland allgegenwärtig. Patienten stehen oft vor der Wahl zwischen den von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernommenen Leistungen und den sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die aus eigener Tasche bezahlt werden müssen. IGeL werden oft als besonders moderne oder umfassende Vorsorge beworben, ihr Nutzen ist jedoch häufig wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Mit der Einführung der DiGA hat sich hier eine neue, hochinteressante Alternative aufgetan.

Eine DiGA ist im Grunde eine moderne Kassenleistung. Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) von 2019 hat den Weg für die „App auf Rezept“ geebnet und sie fest im Leistungskatalog der GKV verankert. Damit steht allen gesetzlich Versicherten eine wachsende Zahl an digitalen Therapien zur Verfügung, deren Kosten vollständig übernommen werden. Dies stellt einen Paradigmenwechsel dar: Anstatt für eine oft fragwürdige IGeL-Leistung selbst zu zahlen, erhalten Patienten Zugang zu einer geprüften, evidenzbasierten digitalen Anwendung als Teil der Regelversorgung.

Der finanzielle Aspekt ist dabei nicht zu unterschätzen. Eine DiGA ist kein günstiges Produkt. Laut GKV-Spitzenverband kostet eine DiGA im Schnitt 585 Euro pro Anwendung für einen Zeitraum von meist 90 Tagen. Diesen Betrag übernimmt die Krankenkasse vollständig. Vergleicht man das mit den oft dreistelligen Beträgen für IGeL-Pakete, wird der Mehrwert einer DiGA deutlich: Sie erhalten eine Leistung von erheblichem Wert, deren medizinischer Nutzen und Sicherheit im Gegensatz zu vielen IGeL-Angeboten staatlich geprüft ist.

Die Entscheidung für eine DiGA ist somit oft die wirtschaftlich und medizinisch klügere Wahl gegenüber einer Selbstzahlerleistung. Sie investieren nicht Ihr eigenes Geld in ein unsicheres Versprechen, sondern nutzen eine innovative, qualitätsgesicherte Therapieform, die Ihnen im Rahmen des Solidarsystems zusteht. Sprechen Sie Ihren Arzt gezielt darauf an, ob für Ihre Indikation eine passende DiGA im Verzeichnis gelistet ist. Dies kann eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zu bisherigen Behandlungsansätzen sein.

Anstatt also für unbewiesene Leistungen zu zahlen, sollten mündige Patienten prüfen, ob das deutsche Gesundheitssystem nicht bereits eine bessere, sicherere und für sie kostenfreie digitale Lösung bereithält.

Die 4 IoT-Sicherheitslücken, die Ihr Smart Home angreifbar machen

Die Vernetzung im Gesundheitsbereich geht über das Smartphone hinaus. Immer mehr medizinische Geräte, von Blutzuckermessern über smarte Waagen bis hin zu Blutdruckmessgeräten, sind Teil des „Internet of Things“ (IoT). Sie synchronisieren Daten automatisch mit Apps und schaffen so ein umfassendes Bild Ihrer Gesundheit. Doch diese Bequemlichkeit hat ihren Preis: Jedes vernetzte Gerät ist ein potenzielles Einfallstor für Cyberangriffe und birgt spezifische Sicherheitslücken, die Ihre sensiblen Daten gefährden können.

Die erste große Sicherheitslücke ist ein schwacher oder fehlender Passwortschutz am Gerät selbst und am WLAN-Router. Viele Nutzer belassen die unsicheren Standardpasswörter, was Hackern Tür und Tor öffnet. Die zweite Schwachstelle sind unregelmäßige oder gar keine Firmware-Updates. Hersteller günstiger IoT-Geräte vernachlässigen oft die Softwarepflege, wodurch bekannte Sicherheitslücken nicht geschlossen werden. Ein Angreifer kann diese ausnutzen, um die Kontrolle über das Gerät zu erlangen oder Daten abzufangen.

Die dritte Gefahr liegt in der unverschlüsselten Datenübertragung. Wenn Ihre Gesundheitsdaten ungeschützt durch Ihr WLAN oder über das Internet an die Server des Herstellers gesendet werden, können sie von Dritten mitgelesen werden. Die vierte und oft übersehene Lücke ist das Fehlen einer Netzwerk-Segmentierung. Wenn Ihr smarter Blutzuckermesser im selben Netzwerk wie Ihr Fernseher und Ihr Laptop läuft, kann ein Angriff auf ein schlecht gesichertes Gerät (z.B. den Fernseher) als Sprungbrett genutzt werden, um auf Ihre sensiblen Gesundheitsdaten zuzugreifen.

Die deutschen Behörden sind sich dieser Risiken bewusst und verschärfen kontinuierlich die Anforderungen. Wie das BfArM betont, werden die Prüfkriterien für digitale Anwendungen stetig weiterentwickelt:

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat im Einvernehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) und im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aktualisierte Prüfkriterien bzgl. der Erfüllung der Anforderungen an den Datenschutz veröffentlicht.

– BfArM, Digitale Gesundheitsanwendungen Sicherheitskriterien

Für Sie als Nutzer bedeutet das: Bevorzugen Sie Hersteller, die sich klar zu den deutschen Datenschutz- und Sicherheitsstandards bekennen. Aktivieren Sie automatische Updates, verwenden Sie starke, einzigartige Passwörter und erwägen Sie, für Ihre Gesundheitsgeräte ein separates Gast-WLAN einzurichten, um sie vom Rest Ihres Heimnetzwerks zu isolieren.

Die Sicherheit Ihrer digitalen Gesundheitsakte beginnt nicht erst in der App, sondern bereits bei der Absicherung der Geräte, die die Daten erheben. Nur so behalten Sie die volle Kontrolle.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Mehrheit der Gesundheits-Apps ist nicht medizinisch validiert; nur DiGA durchlaufen eine strenge BfArM-Prüfung.
  • Prüfen Sie immer das DiGA-Verzeichnis, Impressum und die App-Berechtigungen, bevor Sie eine App nutzen.
  • DiGA auf Rezept werden zu 100% von der GKV erstattet und sind eine sichere, oft bessere Alternative zu kostenlosen Apps oder IGeL-Leistungen.

Wie Sie durch präventiven Lebensstil chronische Krankheiten vermeiden

Die bisherigen Abschnitte haben sich auf die sichere Auswahl und Nutzung von eHealth-Tools konzentriert. Doch das eigentliche Ziel hinter all dieser Technologie ist ein übergeordnetes: die Förderung und der Erhalt Ihrer Gesundheit. Digitale Gesundheitsanwendungen entfalten ihr größtes Potenzial, wenn sie nicht nur zur Behandlung bestehender Krankheiten, sondern proaktiv zur Prävention eingesetzt werden. Ein präventiver Lebensstil, unterstützt durch die richtigen digitalen Werkzeuge, ist der wirksamste Hebel, um das Risiko für viele chronische Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte psychische Leiden zu senken.

Geprüfte DiGA spielen hier eine zunehmend wichtige Rolle. Sie bieten strukturierte Programme, die auf Verhaltensänderungen abzielen – sei es durch mehr Bewegung, eine ausgewogenere Ernährung oder besseres Stressmanagement. Anstatt sich auf allgemeine Tipps zu verlassen, bieten diese Anwendungen personalisierte, evidenzbasierte Begleitung im Alltag. Sie fungieren als digitaler Coach, der motiviert, informiert und Fortschritte messbar macht. Besonders im Bereich der psychischen Gesundheit, wo Prävention entscheidend ist, zeigen DiGA bereits eine erhebliche Wirkung. So werden in Deutschland bereits rund 30% der DiGA für die Prävention und Behandlung von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Schlafstörungen eingesetzt.

Derzeit sind bereits knapp 40 Apps auf Rezept im DiGA-Verzeichnis gelistet, die präventive Ansätze unterstützen. Beispiele sind Anwendungen zur Stärkung der Muskulatur bei Rücken- oder Knieschmerzen, zur Bewältigung von Tinnitus oder zur Unterstützung bei der Raucherentwöhnung. Diese Tools ermöglichen es Ihnen, selbst aktiv zu werden und Ihre Gesundheit in die eigene Hand zu nehmen, lange bevor eine schwerwiegende Erkrankung entsteht. Sie verkörpern den Wandel von einer reaktiven zu einer proaktiven, vorausschauenden Gesundheitsversorgung.

Die Nutzung einer DiGA zur Prävention ist somit eine Investition in Ihre langfristige Lebensqualität. Sie nutzen die Vorteile der Digitalisierung auf die sicherste und effektivste Weise: als Partner für einen gesunden Lebensstil, dessen Wirksamkeit nachgewiesen und dessen Kosten vom Solidarsystem getragen werden. Es ist der Gipfel dessen, was ein mündiger digitaler Patient erreichen kann: die bewusste Steuerung der eigenen Gesundheit mit den besten verfügbaren Mitteln.

Die Integration von geprüften eHealth-Tools in den Alltag ist der logische nächste Schritt. Um diesen Ansatz erfolgreich umzusetzen, ist es entscheidend, die Prinzipien eines präventiven Lebensstils zu verstehen und anzuwenden.

Beginnen Sie noch heute damit, diese Strategien umzusetzen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über präventive DiGA und nutzen Sie die Möglichkeiten der digitalen Medizin, um Ihre Gesundheit proaktiv zu gestalten und chronischen Krankheiten vorzubeugen.

Häufige Fragen zur sicheren Nutzung von Gesundheits-Apps

Wie erkenne ich, ob meine Gesundheitsdaten in der EU gespeichert werden?

Prüfen Sie die Datenschutzerklärung der App auf Angaben zum Serverstandort. Ein seriöser Anbieter wird dies transparent kommunizieren. Bei offiziell zugelassenen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) ist die Datenspeicherung innerhalb der EU oder einem gleichwertigen Schutzgebiet gesetzlich vorgeschrieben und wird vom BfArM geprüft.

Können anonymisierte Gesundheitsdaten deanonymisiert werden?

Ja, das Risiko besteht. Durch die Kombination von scheinbar anonymen Daten mit anderen öffentlich zugänglichen Informationen (z.B. aus sozialen Netzwerken oder anderen Datenlecks) ist es technisch oft möglich, Rückschlüsse auf eine Person zu ziehen. Deshalb ist es so wichtig, auf Anbieter zu setzen, die Datenminimierung praktizieren und Daten nicht an Dritte weitergeben.

Welche Daten dürfen Gesundheits-Apps sammeln?

Nach dem Prinzip der Zweckbindung und Datenminimierung der DSGVO dürfen Apps nur die Daten erheben, die für die Funktion der Anwendung zwingend erforderlich sind. DiGA unterliegen hier besonders strengen gesetzlichen Vorgaben. Seien Sie skeptisch, wenn eine App auf Funktionen wie Ihre Kontakte, Fotos oder Ihren genauen Standort zugreifen möchte, ohne dass dies für den medizinischen Zweck plausibel ist.

Geschrieben von Martin Weber, Dr. Martin Weber ist Facharzt für Innere Medizin mit Zusatzweiterbildung Präventivmedizin und seit 12 Jahren auf Lebensstilmedizin und Gesundheitsprävention spezialisiert. Er ist zertifizierter Lifestyle Medicine Physician und arbeitet in einer auf Präventivmedizin spezialisierten Privatpraxis in München. Seine Expertise umfasst evidenzbasierte Präventionsstrategien, Schlafmedizin und die Behandlung chronischer Stresserkrankungen.